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Interview

Yoga ist uncool? Nicht bei dieser Kanadierin!

lindsay istace

Bist du umgeben von Yoga-Begeisterten und kannst selbst so gar nichts mit diesem meditativen Sport anfangen? Dann solltest du Rage Yoga dennoch eine Chance geben: Ich hatte das Glück mit der Erfinderin Lindsay Istace über ihren radikal anderen Ansatz zu sprechen. Die 25-jährige Kanadierin war für ein Event der #PussyIsPower-Kampagne zu Besuch in Berlin und konnte selbst einen Sportmuffel wie mich davon überzeugen, dass Yoga nicht langweilig sein muss.

Lindsay, kann man Rage Yoga eigentlich auch machen, wenn man gerade gar keine Wut in sich spürt?

Auf jeden Fall! Man glaubt gar nicht, wie viel eigentlich bei Rage Yoga gelacht wird! Klar kann man bei uns gut seine Wut oder andere negativen Emotionen rauslassen, aber eigentlich lachen wir immer sehr viel gemeinsam über uns selbst. Die meisten meiner Stammkunden sind keine wütenden Menschen. (lacht) Sie kommen einfach wegen der großartigen, relaxten Atmosphäre. Vielleicht müssen sie ab und zu mal etwas herausbrüllen. Aber Rage Yoga richtet sich nicht spezifisch an Menschen mit Aggressionsproblemen.

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Also ist der Titel Rage Yoga vielleicht ein bisschen irreführend, weil Leute denken, dass ihr während eurer Sessions immer furchtbar wütend seid?

Manchmal könnte das wohl durchaus so sein. Es geht aber nicht darum, sich wütend zu machen und so zu bleiben. Es geht vielmehr darum, seine negativen Emotionen zu verarbeiten, von diesen loszulassen und zu meistern, diese sogar als Antriebskraft zu nutzen.

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Du betreibst ja regelmäßig Yoga. Verspürst du dann trotzdem überhaupt noch starke Emotionen? Ich würde eher denken, dass man dadurch total „Zen“ wird.

Ich glaube zu behaupten, jemand könne sich immer total „Zen“ fühlen, ist falsch. (lacht) Egal, wie sehr wir an uns arbeiten und mit unseren Emotionen umgehen lernen! Es sei denn, du bist ein Super-Hardcore-Yogimaster. Vielleicht gibt es sie, aber ich bin keiner von ihnen.

Dein Konzept scheint sehr großen Anklang zu finden. Glaubst du, dass es in unserer Gesellschaft zu wenig Orte gibt, an denen man seinen Emotionen freien Lauf lassen kann?

Definitiv! Wir verwenden alle in unserem Leben viel Zeit darauf, eine Fassade aufzubauen, um andere Menschen zufriedenzustellen. Das ist anstrengend! Meist teilt man seine wahren Emotionen nur mit einer Handvoll Leuten. Wenn man einen sicheren Ort findet, wo das möglich ist und du zeitgleich noch Yoga machen kannst, ist das ziemlich cool. Rage Yoga ist aber nicht für jeden etwas. Manche bevorzugen einen eher traditionellen, meditativen Ansatz, und das ist großartig. In vielen Yoga-Studios wirst du von allen angestarrt, wenn du anfängst zu lachen, weil du umgefallen bist. Das ist mir passiert! (lacht) Man fühlt sich vielleicht so, als ob man nicht man selbst sein könnte. Viele, die zu uns kommen, beschreiben ihre bisherigen Yogastudios, als Bibliotheken voller Turner, was einfach einschüchternd ist.

Aber muss man nicht schon eine extrovertierte Person sein, um beim Rage Yoga mitzumachen? Es ist schließlich auch einschüchternd, zusammen mit anderen Menschen laut zu schreien.

Du wirst überrascht sein, wenn du hörst, wie viele Menschen mit Angststörungen zu uns kommen. Wir haben viele Leute, die soziale Phobien haben, die nicht sehr laut, verrückt und extrovertiert sind. Manchmal brauchen diese Menschen etwas Zeit, aus sich herauszukommen, aber ich habe viele gesehen, die Probleme damit haben, mit Fremden zu reden und die sich dann in einer Gruppe von Menschen die Seele aus dem Leib schreien. Ich nenn sie gerne meine Rage Yoga Badasses!

Lindsay Istace Berlin
Lindsay begeisterte zahlreiche Berlinerinnen anlässlich des Weltmädchentags.

Du hast selbst mit Rage Yoga angefangen, als du eine schwere Trennung verarbeiten musstest. Hat dir dabei vor allem die körperliche Aktivität geholfen, oder war es eher das Freischreien?

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Ich glaube, es war beides. Ich hatte in der Vergangenheit immer eine reguläre Routine, die ich während dieser Trennung beibehalten habe. Ich kam aber nicht aus meinem Depressionsloch heraus. Das war kein schöner Zustand. Eines Tages knallte es einfach. Rage Yoga ist auch aus einem Witz heraus entstanden: Ich postete einen Facebook-Status, in dem ich so etwas schrieb wie „Heute Nacht ist einer dieser Nächte, in denen du dich einfach nur in Rauch und Whiskey ertränken willst, aber stattdessen werde ich mich dehnen, ich werde mich wütend dehnen!“ Und eine Freundin von mir meinte: „Du solltest Rage Yoga unterrichten!“ Und ich so: „Das ist die bescheuertste Sache, die ich je gehört habe. Lasst es uns ausprobieren!“ (lacht)

Oft wird Menschen, denen es psychisch schlecht geht, der Rat gegeben „Mach doch einfach etwas Sport, dann geht es dir besser!“ Dabei ist es gar nicht so leicht, sich in einem solchen Zustand dazu aufzuraffen. Glaubst du, dass dein Ansatz es diesen Menschen einfacher macht?

Absolut! In Yogakursen geht es eigentlich nicht darum, perfekt zu sein. Aber sie kommen manchmal einfach so rüber und das führt dazu, dass sich Menschen, die nicht den perfekten Körper, die perfekten Asanas haben, isoliert fühlen. Sie denken dann, das was sie tun, ist falsch. Bei Rage Yoga vermittle ich den Leuten eher, dass es sich um ihr eigenes Training handelt. Ich sage ihnen auch immer, dass ich nicht ihre Mutter bin. (lacht) Wenn diese Pose nichts für dich ist, dann modifiziere sie oder mach, was auch immer dein Körper jetzt braucht!

Besuchen besonders viele Frauen deine Kurse?

Es gibt ein paar Männer, aber es ist schon frauendominiert, vielleicht haben wir einfach mehr Wut ins uns. (lacht) Generell sind die Leute eher so 25 bis 35 und eher weiblich. Aber ich habe auch schon mit Menschen gearbeitet, die über 70 waren. Ich habe mal einen Workshop in Vancouver gegeben, bei dem das Durchschnittsalter etwa bei 60 lag, es war großartig! Und sie hatten so viel Wut! (lacht) Und wir ziehen Menschen an, die irgendwie nerdig sind: Sehr kluge, ängstliche und sehr kreative Menschen. Es ist gar nicht so leicht, den typischen Rage Yogi zu definieren, aber sie sind ziemlich lustig.

Es gibt so einige Dinge, die einzigartig für deinen Yoga-Ansatz sind. Du spielst zum Beispiel Rock oder Metal. Gibt es Interpreten, die du zur Zeit besonders gerne bei deinen Kursen hörst?

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Mein Lieblings-Rage-Yoga-Song wird immer „I love myself today“ von Bif Naked sein, weil dieser Song einfach durch und durch „Yoga“ ist: „I love myself today, not like yesterday, I’m calm and cool, I’m gonna be okay.“ Das ist toll. Und die Nine Inch Nails: Immer großartig! Im mittleren Teil lasse ich gerne lizenzfreies Gitarrengeklimper laufen, weil sie repetitiv sind und viel Energie haben. Der mittlere Teil hat zwar auch immer noch Charakter, aber weil es rhythmisch und ohne Lyrics ist, hat es einen ähnlichen Effekt, wie die Songs, die man sonst aus Yoga-Studios kennt.

Hier kannst du dir Lindsays Lieblingssong zum Rage Yoga anhören:

Zu Hause in Kanada finden deine Kurse in dem Hinterraum eines Pubs statt…

Ja, unsere Kurse in Calgary finden im Dickins Pub statt. Es gibt ein paar andere Locations, in denen ich vielleicht auch unterrichten werde, die nicht kneipenmäßig sind: Kunstateliers, auch ziemlich cool. Als ich Rage Yoga anbieten wollte, wollte ich sichergehen, dass es in einer Location ist, die man nicht erwarten würde. Denn wenn wir uns die Leute ansehen, die zum Rage Yoga kommen, sind es häufig Menschen, die von typischen Yoga-Studios eingeschüchtert sind. Also fragte ich mich: Was ist das Gegenteil eines typischen Yoga-Studios? Und es war eindeutig eine Kellerkneipe! (lacht)

Du gestattest deinen Kursteilnehmern, während der Yoga-Session oder hinterher, Bier zu trinken. Wie kann ich mir so eine Unterrichtsstunde vorstellen? Stehen Leute zwischendurch einfach auf und nehmen einen Schluck kanadisches Bier*?

Ja, ich ermuntere die Leute zu trinken, was auch immer sie wollen. Ob es nun, Bier, Wasser oder ein anderes Getränk ist. Ich weiß, dass andere Yogakurse da sehr streng sind. Mein Ansatz ist: Das ist dein Training, mach daraus, was du willst. Nicht jeder trinkt Bier. Ich fordere die Leute auch nicht wirklich dazu auf, Bier zu trinken. Aber es ist eine Möglichkeit und es ist cool zu sehen, dass das Menschen anzieht, die nie zuvor Yoga praktiziert haben. Ich mache schon lange Witze darüber, dass Rage Yoga so eine Art Einstiegsdroge für Yoga ist. (lacht) Viele Leute, die zum ersten Mal von Rage Yoga hören, stellen sich eine Gruppe von Leuten in einer Kneipe vor, die superbetrunken sind, sich dehnen und dabei herumschreien, was wirklich nicht der Fall ist. Es ist überraschenderweise einer regulären Yoga-Session sehr ähnlich, aber alle sind total chillig drauf.

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Man kennt es von anderen Yogis oder Fitnessmenschen auf Instagram, die sich perfekt inszenieren und sehr strikt sind : Sie trinken keinen Alkohol und Kaffee und essen kein Gluten. Du scheinst dies alles zu tun, denn gerade trinkst du einen Kaffee und beißt genüsslich in dein Croissant. Wirst du dafür kritisiert?

Ich bin keine Vegetarierin, ich trinke Kaffee, ich rauche gelegentlich auch mal eine Zigarette. Ich bin kein perfekter Yogi und das ist völlig ok so: Das bin ich. Dafür wurde ich schon kritisiert, aber am Ende des Tages kommen auch viele Menschen zu mir, gerade weil ich nicht perfekt bin und nicht einschüchternd wirke. Sie fühlen sich von mir mehr verstanden. Es gibt Menschen, die einen ganzheitlichen, traditionelleren Ansatz haben und das ist toll. Aber es ist gut, dass es verschiedene Optionen gibt. Ich habe im Laufe der Zeit viel Kritik für Rage Yoga einstecken müssen. (lacht) Ich habe angefangen, Standardantworten zu formulieren, die ich Hatern schicke: „Es tut mir leid, dass du so denkst. Hier ist ein Bild von einem Kätzchen. Ich hoffe, es hilft dir, mit deinen Gefühlen klarzukommen.“

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Leider ist Kanada ja sehr weit weg von uns. Du bietest aber auch Videoclips auf deiner Webseite an, damit man die Übungen zu Hause machen kann. Ist es nicht aber ein großer Unterschied, alleine vor dem Bildschirm Yoga zu machen als deine Kurse zu besuchen?

Ich kenne Leute, die sich in kleinen Gruppen treffen und meine Videos mit in den Park nehmen und die Übungen dort gemeinsam praktizieren. Aber es gibt auch die, die sie alleine in ihrer Wohnung ausüben, das kommt ganz auf die Person an. Und dann gibt es auch diejenigen, die meine Videos erst zu Hause ausprobiert haben und dann zu meinen Kursen kamen. Was an den Kursen speziell ist, ist die Energie, die man so mit den Videos nicht spüren kann. Es ist einfach etwas ganz Besonderes, gemeinsam in einer Gruppe zu schreien. Man sollte es ausprobieren!

Ich danke dir für das Interview, Lindsay!

Wie du siehst, gibt es nicht die eine richtige Art Yoga zu machen. Klingt Rage Yoga mit Rockmusik und Bier genau nach deinem Geschmack oder wäre Hip Hop-Yoga, wie ihn Palina Rojinski betreibt, eher dein Ding?

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Bildquelle: Brian Otieno * Partner-Link

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