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Kommentar

Warum du kein schlechtes Gewissen haben musst, wenn du kündigst

Kündigung kein schlechtes gewissen

Zu kündigen kann wahnsinnig befreiend sein – aber auch wahnsinnig belastend. Letzteres vor allem dann, wenn wir uns mit Chef und Kollegen gut verstehen und noch dazu viel Verantwortung tragen. Schnell entsteht das Gefühl, die anderen im Stich zu lassen, wenn wir uns etwas Neues suchen. Die Vorfreude auf den neuen Traumjob wird durch ein schlechtes Gewissen getrübt. Dabei ist das völlig unbegründet, denn berufliche Entscheidungen solltest du nie treffen, um andere glücklich zu machen, sondern nur dich selbst.

In meinem ersten richtigen Job mochte ich das Team, fand Gefallen an den Aufgaben und dennoch merkte ich, dass der Job langfristig nicht das Richtige für mich ist. Ich wollte eine Arbeit, für die ich mich begeistern kann – und die hatte ich noch nicht gefunden. Hinzu kamen zahlreiche Überstunden und ein großer Druck, weil wir chronisch unterbesetzt waren.

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Bisher machte ich nur temporäre Jobs: studentische Aushilfe, Praktika oder Arbeiten auf Projektbasis. Dabei war immer klar, dass das Arbeitsverhältnis zeitlich begrenzt ist. Über das Kündigen musste ich mir somit nie groß Gedanken machen. Als ich nun den Entschluss fasste, mir etwas Neues zu suchen, stellte sich sogleich ein schlechtes Gewissen ein. Die Vorstellung, meinem Chef sagen zu müssen, dass ich gehen möchte, fühlte sich an als müsste ich mit jemandem Schluss machen. Noch bevor ich überhaupt die Zusage für meinen neuen Job hatte, spielte sich das bevorstehende Gespräch wieder und wieder in meinem Kopf ab.

Ein Job ist nur ein Job

Wenn ich mit meinem Freund oder Freunden darüber sprach, konnten viele meine Bedenken nicht wirklich nachvollziehen: „Es ist doch nur ein Job, das sollte ja niemand persönlich nehmen.“ Natürlich wusste ich, dass sie objektiv betrachtet recht hatten, trotzdem wollte ich niemandes Gefühle verletzen. Eine Kündigung fühlte sich in meinem Kopf an, als würde ich das Unternehmen wie auch die Arbeit meiner Kollegen abwerten.

Natürlich ist das Blödsinn. Denn im Endeffekt ist ein Job, wirklich nur ein Job. Niemand sollte sich wegen einer Kündigung persönlich angegriffen fühlen. Reagiert dein Chef dennoch vorwurfsvoll, versucht dir ein schlechtes Gewissen einzureden oder droht dir gar mit einem schlechten Arbeitszeugnis, ist das nur ein weiterer Grund, froh über deinen Weggang zu sein. Am Ende musst nur du mit deiner Entscheidung glücklich sein. Wenn deine Kollegen ebenfalls unzufrieden mit ihrer Arbeit sind, dann haben sie genauso das Recht, zu kündigen – du musst kein schlechtes Gewissen haben, weil du vermeintlich „das Team im Stich lässt“.

Auch andersrum muss eine Kündigung nicht immer etwas Schlechtes sein, wie Redakteurin Alannah aus ihren eigenen Erfahrungen berichtet:

Beim Kündigungsgespräch sachlich bleiben

In meinem Fall haben alle verständnisvoll auf die Kündigung reagiert. Zwar war es unangenehm, meinen Entschluss anzusprechen, doch am Ende ist es, wie ein Pflaster abzuziehen. Natürlich ist es auch wichtig, das Ganze zum richtigen Zeitpunkt und respektvoll anzusprechen. Da mein Chef der Erste im Büro war, kam ich extra früher zur Arbeit, um so einen ruhigen Moment abzupassen. Vorher hatte ich mir natürlich überlegt, wie ich das Gespräch am besten angehe.

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Im Gespräch mit „Zeit Campus“ etwa rät der Coach Tom Diesbrock auf keinem Fall zu sagen, „dass es einem ganz doll leid tut.“ Denn genau damit lenkt man das Gespräch auf eine persönliche Ebene, dabei sollte es doch eigentlich sachlich bleiben. Sag gerade heraus, was Sache ist. Wenn du ein persönlicheres Verhältnis zu deinem Chef hast, kannst du ihm natürlich auch die Gründe für deine Kündigung erläutern. Mache jedoch klar, dass es dabei um dich geht und nicht um das Unternehmen an sich. Anschließend könnt ihr unter Umständen gemeinsam überlegen, wie die Übergangsphase gestaltet wird und was vor deinem Weggang noch zu erledigen ist.

Niemand ist unersetzlich

Meine größte Angst war es, jemand anderem durch meinen Weggang mehr Arbeit aufzuhalsen. Denn was ist, wenn nicht rechtzeitig ein passender Ersatz für mich gefunden wird? Letztendlich muss man sich hier jedoch einer Sache bewusst werden: Niemand ist unersetzlich. Mag sein, dass dein Nachfolger die Arbeit nicht genauso macht wie du und sicherlich auch einiges an Einarbeitungszeit braucht. Solltest du jedoch nicht gerade der einzige Experte auf einem kaum erforschten Fachgebiet sein, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dein Arbeitgeber jemanden findet, der deinen Job übernimmt.

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Um diesen Prozess so einfach wie möglich zu gestalten, solltest du die Kündigung deshalb nicht aus Angst immer weiter nach hinten schieben. Denn je früher dein Chef von deinem Weggang weiß, desto mehr Zeit hat er, einen qualifizierten Nachfolger zu finden. Natürlich musst du nicht kündigen, ohne eine feste Zusage für einen neuen Job zu haben, doch sobald du sie hast, bietet es sich an, deinen Arbeitgeber zu informieren. Solltest du deinen neuen Job möglichst schnell antreten müssen, ist es sinnvoll mit beiden Arbeitgebern ins Gespräch zu kommen, um so eine Lösung für eine funktionierende Übergabe zu finden. Idealerweise findet sich schnell ein Nachfolger, den du noch einarbeiten kannst. Doch auch wenn dem nicht so sein sollte, musst du dir im Klaren sein, dass es nicht deine Aufgabe ist, für Ersatz zu sorgen.

12 Leute: „In diesem Moment entschied ich, zu kündigen“

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Johanna Böhnke

Im Nachhinein betrachtet ist die Kündigung kein großer Schritt

Wer länger im Berufsleben ist, weiß: Mitarbeiter kommen und gehen. Rückblickend scheinen vergangene Kündigungen kein großes Problem zu sein. Trotzdem gibt es Menschen, die sich damit deutlich schwerer tun, als andere. Vor allem, wer dazu neigt, seinen Mitmenschen möglichst alles recht machen zu wollen, für den ist eine Kündigung keine leichte Entscheidung. Doch wenn ich heute zurückblicke, bin ich froh, nicht aus Angst oder schlechtem Gewissen länger geblieben zu sein. Im Endeffekt habe ich mit meiner Kündigung niemandem geschadet, hätte ich es nicht getan, hätte ich hingegen mich selbst auf lange Sicht unglücklich gemacht.

Johanna Böhnke

Bildquelle: istock/Wenjie Dong